Die Geschichte des Löschzuges

Der Löschzug Hervest–Dorf wurde am Sonntag, den 1.12.1912 als sogenannter Löschzug I für die Gemeinde Hervest gegründet. Nachmittags um 15.30 Uhr trafen sich die Abgeordneten der Gemeindevertretung mit dem Amtmann Kuckelmann zur Gründungssitzung. Damit endete ein Prozess, dessen Ziel es war, das Feuerlöschwesen in Form einer festen Institution modern und professionell zu gestalten. Gleichzeitig begann damit ein Prozess der ständigen Modernisierung und Anpassung des Löschzuges Hervest-Dorf an die jeweiligen Herausforderungen der vergangenen 100 Jahre. Und es begann die Geschichte eines Löschzuges, dessen Mitglieder bis heute immer gesund und ohne größere Schäden aus ihren Einsätzen zurückgekehrt sind.

Die Gründung selbst ging auf grundlegende Änderungen in der Gemeindestruktur zurück. Die ursprünglich ländlich geprägte Gemeinde entwickelte sich immer mehr zur sogenannten Industriegemeinde. Beispielsweise förderte im Jahre 1913, also kurz nach der Gründung des Löschzuges Hervest-Dorf, die Zeche Fürst Leopold zum ersten Mal Kohle.
Die zu Beginn des neuen Jahrhunderts einsetzenden Veränderungen der Wirtschafts- und Bevölkerungsstruktur machten auch nachhaltige Veränderungen im Brandschutz und Feuerlöschwesen notwendig. Bis zur Gründung des Löschzuges Hervest-Dorf war jeder Einwohner verpflichtet, nach Kräften bei der Bekämpfung eines Brandes mitzuwirken. Dazu musste jeder Haushalt einen Brandeimer und eine Laterne bereit und in Ordnung halten. Zusätzlich stand ab 1836 im sogenannten Spreutenhüsken (Spritzenhaus) eine alte Feuerwehrspritze bereit. Ständig wurde eine bestimmte Anzahl Bürger im Gebrauch der Spritze geschult. Als letzter zuständiger Spritzenmeister vor der Gründung des Löschzuges Hervest-Dorf hielt Theodor Brinkmann die Gerät-schaften in ordnungsgemäßem und gereinigtem Zustand. Dies wurde letztmalig am 12. Juni 1911 amtlich bestätigt. Darüber hinaus gab es keine weitere Feuerwehreinheit, weder verpflichtend noch freiwillig.
Bereits im Jahre 1910 wurde über die Gründung freiwilliger Feuerwehren in den Gemeindeteilen Dorf und Wenge nachgedacht. Wörtlich heißt es im Protokoll der Gemeindeverordnetenversammlung vom 14. September 1910: „Die Verhandlungen wegen Bildung freiwilliger Feuerwehren im Dorfe und in Wenge sollen eingeleitet und auf Beschaffung von Feuerlöschgeräten soll Bedacht genommen werden.

Auszug aus dem Protokollbuch der Gemeindeverordnetenversammlung zu Hervest

Linke Spalte:
Unter dem Vorsitz des Amtmanns Kuckelmann waren von neun gewählten Mitgliedern die folgenden Herren zugegen:
1. Vorsteher Rohlof 2. Duesberg 3. Nover 4. Frintrop 5. Oberfeld 6. Siebel 7. Möllmann 8. Schürholz
Rechte Spalte:
Verhandelt
Hervest, am 14. September 1910
In der auf heute vorschriftsmäßig anberaumten Sitzung der Gemeindeverordneten der Gemeinde Hervest, zu welcher die nach- stehend verzeichneten Herren in beschlussfähiger Zahl erschienen waren, wurde nachstehendes verhandelt und beschlossen:
Tagesordnung:
Beschlußfasssung über Vermehrung der Feuerlöscheinrichtungen und Bildung einer freiwilligen Feuerwehr.
Beschluß:
Die Verhandlungen wegen Bildung freiwilliger Feuerwehren in Wenge und im Dorfe sollen eingeleitet und auf Beschaffung von Feuerlöschgeräten soll Bedacht genommen werden.

Da in der Zwischenzeit kein befriedigendes Ergebnis erzielt werden konnte, verlangte der Amtmann Kuckelmann 1912 endgültig die Gründung einer eigenen Feuerwehr für die Gemeinde Hervest. Dies sollte bis zum Ende des Jahres 1912 geschehen und wurde am 06. 08. 1912 auf der Gemeindevertreterversammlung beschlossen. Als ursprünglicher Gründungstermin wurde der 24. 11. 1912 anberaumt, zu dem durch Aushang im Dorf und Ausrufen in der Wenge geladen wurde. Jedoch musste dieser Termin verschoben werden, da der Amtmann Kuckelmann verhindert war. Gemeinsam mit den Bürgern der Gemeinde einigte man sich letztlich auf die Gründung einer freiwilligen Feuerwehr. Die Einführung einer Pflichtfeuerwehr konnte so verhindert werden.

Die Gründung im Jahr 1912
An den Herrn Landrat Recklinghausen Freiwillige Feuerwehr in Hervest betr. Verfügung vom 19. Oktober 1912 G. N° 162 /78 I. In der Gemeinde Hervest hat sich am 1. d. Monats eine Freiwillige Feuerwehr gebildet.(…)

Mit diesen Worten wird an den Landrat die Gründung des Löschzuges Hervest-Dorf gemeldet. Mit dem 1. d. Monats ist allerdings nicht der 1. Oktober, sondern der 1. Dezember 1912 gemeint. Der Landrat bestätigte am 29. Dezember 1912 die Gründung der freiwilligen Feuerwehr und die ordnungsgemäße Satzung. Des Weiteren erklärt er in seinem Schreiben, dass er von der Gründung einer Brandwehr (Pflichtfeuerwehr) absieht. Mit der Gründung einer freiwilligen Feuerwehr konnten letztlich beide Seiten zufrieden sein. Einerseits konnte man den Ansprüchen an die zeitgemäße Organisation des Brandschutzes gerecht werden. Andererseits behielt die Dorfgemeinschaft größtmögliche Unabhängigkeit von staatlicher Obrigkeit.

Die Stärke des neugegründeten Löschzuges betrug 43 Mann. Zum ersten Brandmeister (heute Löschzugführer genannt) wurde der Wirt und Zimmermeister Hubert Grütering ernannt. Zum Stellvertreter wurde der Wirt und Landwirt Friedrich Einhaus ernannt. Die weiteren Mitglieder des Vorstandes waren Albert Bücker, Hermann Börger, Heinrich Hütter, Heinrich Westrich, Hermann Fischer und Bernhard Feller.

Um eine entsprechende Ausrüstung der Wehr zu gewährleisten beschloss die Gemeindevertretung bereits ebenfalls am 06.08.1912 die zu gründende Feuerwehr mit einem Betrag von 600 Mark zu unterstützen. Die Gesamtkosten für die zu beschaffende Ausrüstung wurden auf etwa 2000 Mark geschätzt. So wurde neben der Provinzial Feuersozietät auch die Schlesische Feuerversicherungsgesellschaft um eine Beihilfe gebeten. Begründet wurden sämtliche Beihilfeersuchen mit dem Hinweis auf die hohen Ausgaben der Gemeinde für neue Schulbauten und Straßenbau im Zuge der voranschreitenden Industrialisierung des Ortsteils.

Kurz nach der Gründung des Löschzuges Hervest-Dorf bewilligte die Provinzial Feuersozietät schließlich am 17. Dezember 1912 eine Beihilfe von 150 Mark zur Anschaffung von feuerwehrtechnischem Material.

Die Organisation der Mannschaften im Löschzug wurde auf einer Sitzung am 22. Dezember 1912 beschlossen. Die vorhandene vierrädrige Feuerspritze erhielt im Jahre 1914 einen neuen Unterwagen. Die Gemeindeverwaltung verfolgte zu dieser Zeit bereits das Ziel, einen weiteren Löschzug für den westlichen Teil der Gemeinde (damals Hervest-Wenge genannt) zu gründen. Die Wirren des Ersten Weltkrieges verhinderten dieses Vorhaben jedoch zeitnah, so dass zunächst der Löschzug Hervest-Dorf den Brandschutz für die Gemeinde Hervest sicher zu stellen hatte. Dieser zweite Löschzug – Hervest- Wenge – wurde schließlich im Jahr 1921 gegründet.

Einsatztaktische Erwägungen sorgten im Jahr 1926 schließlich dafür, dass sich die beiden getrennten Feuerwehren zu einer Feuerwehr mit zwei Löschzügen zusammenschlossen. Als Oberbrandmeister wurde der Kamerad Lunemann vom Löschzug Hervest-Wenge bestellt. Aus Traditionsgründen plädierten allerdings gerade die Mitglieder des Löschzuges aus Hervest-Wenge dafür, dass zum Oberbrandmeister der Lehrer Konrad Wiemeyer bestellt würde. Dieser beharrte jedoch auf der Einsetzung des Kameraden Lunemann aus dem Nachbarlöschzug. Im Mai desselben Jahres erhielt die Feuerwehr Hervest einen modernen Motorsprengwagen, der unter den staunenden Augen der Bevölkerung an der damaligen Josefschule ausprobiert wurde.

Aller Anfang ist schwer- Aus dem Alltag einer neu gegründeten Wehr
Dass aller Anfang schwer ist, mussten auch die Gründungsmitglieder des Löschzuges Hervest-Dorf erfahren. Bei einer ersten Begutachtung des Löschzuges, stellte der zuständige Beamte des Feuerwehr-Verbandes zwar eine vorbildliche Uniform und pünktliches Antreten der Mannschaft fest, doch an vielen anderen Dingen mangelte es noch. So weist der gut zweiseitige Bericht darauf hin, dass eine Schulung des Exerzierens und Marschierens unerlässlich sei und darüber hinaus streng nach dem geltenden Übungshandbuch verfahren werden müsse. Hierin war beispielsweise die genaue Aufstellung der Löschmannschaften an der Spritze geregelt. Immerhin leistete man sich bei dieser Grundaufstellung keinen Fehler, so dass die grundsätzliche Eignung des Personals keinesfalls in Frage gestanden haben dürfte. Um die Ausbildung der Mannschaft sicherzustellen, wurde jedoch die Einführung regelmäßiger Übungstage / -abende angemahnt, an denen vollzähliges Erscheinen Pflicht sein sollte. Auch der technische Zustand der Ausrüstung ließ offensichtlich zu wünschen übrig. So forderte der zuständige Prüfer dringend einen neuen Anstrich für die Spritze, dabei wies er auch darauf hin, dass sämtliche Eisenteile zuvor von Rost zu befreien sind. Auch für das Schlauchmaterial wurden diverse Mängel festgestellt. So wurden alte Verschraubungen bemängelt und die Verwendung bestimmter Reparaturverfahren angeraten. Überdies waren die vorhandenen Anstellleitern dem Urteil des Prüfers nach unangemssen und sollten gegen 12-sprossige Hakenleitern ausgetauscht werden.

Anschaffung einer neuen Feuerspritze
Bereits bei der Revision der Feuerwehr am 21. Juni 1913 wurden wie erwähnt Mängel am Zustand der Feuerspritze festgestellt. In den folgenden Jahren wurde immer wieder über eine Instandsetzung der alten Spritze nachgedacht, obwohl von verschiedenen Seiten die Notwendigkeit einer Neuanschaffung erkannt wurde. Der Stellmachermeister Mölmann wurde noch im September 1914 damit beauftragt, einen Kostenvoranschlag für ein neues Untergestell der Spritze zu erstellen. Schließlich konnte am 23. April 1915 an den Landrat die Anschaffung einer gut erhaltenen, gebrauchten Feuerspritze gemeldet werden. Diese wurde von der Stadt Gelsenkirchen angekauft und verfügte über eine Minutenleistung von rund 300 Litern. Mitangeschafft wurde diverses Material wie
ein zweirädriger Schlauchwagen und ein Gerätekasten. Die Geräte sind zunächst in einem Gebäude der Dorstener Eisengießerei gelagert worden.

Die Zeit von 1933 bis 1945
Das Feuerwehrwesen zu dieser Zeit war, wie viele andere Bereiche des täglichen Lebens, gleichgeschaltet. Hinzu kommt, dass mit dem Jahr 1937 viele Aufzeichnungen im Stadtarchiv schlagartig enden. Die Wirren des folgenden Krieges haben sicher ein Übriges getan, so dass wertvolle Informationen aus dieser Zeit verloren gegangen sind. Die Recherchen bezüglich der Geschichte des Löschzuges Hervest-Dorf gestalteten sich folglich schwierig, waren teilweise schlicht ergebnislos.

Die Neuordnung des Feuerlöschwesens ab 1933
Im Jahre 1934 trat das „Gesetz über das Feuerlöschwesen“ in Kraft. Darin wurde zunächst geregelt, dass die Feuerwehr den Polizeiverwaltungen unterstellt werden sollte. Diese Neuregelung hatte in den folgenden Jahren sichtbare Auswirkungen. Inhaltlich wurde mit verschiedenen Erlassen auf der Grundlage des „Gesetzes für das Feuerlöschwesen“ von 1934 bereits aktiv auf den bevorstehenden und zumindest in den höheren Kreisen des Naziregimes geplanten Krieg vorbereitet. Auch das sogenannte „Führerprinzip“ wurde mit der Bildung der Amtsfeuerwehr strikt durchgesetzt. Leiter der Amtsfeuerwehr war der Bauunternehmer Bolmerg. Der Löschzug Hervest-Dorf trug fortan die Bezeichnung Löschzug 2, der im Jahr 1936 eine neue Anstellleiter bekam.
In den Jahren 1934 bis 1938 folgten regelmäßig neue Anweisungen zur Organisation des Luftschutzes. Für das Jahr 1936 wird in der Dorstener Volkszeitung auch über eine großangelegte Luftschutzübung nördlich der Lippe berichtet, an der auch die entsprechenden Einheiten der neuen Amtsfeuerwehr teilnahmen.
Ab 1938 wurde die Feuerwehr vollends zur Hilfspolizeitruppe und wurde offiziell auch als solche bezeichnet. Sichtbares Zeichen war die neue Lackierung der Feuerwehrfahrzeuge, die fortan grün zu lackieren waren. Aus Kostengründen wurde allerdings darauf verzichtet, sämtliche Altfahrzeuge erneut zu lackieren. Lediglich bei Neufahrzeugen bzw. bei notwendigen Ausbesserungsarbeiten sollte darauf Bedacht genommen werden.

Nachkriegszeit und 1950er Jahre
In den 1950er Jahren war die maximale Mannschaftsstärke des Löschzuges Hervest-Dorf auf 27 Mann festgelegt, das entspricht der dreifachen Gruppenstärke. Eine Gruppe ist bei der Feuerwehr eine genau festgelegte, taktische Einheit und beträgt acht Feuerwehrleute und einen Gruppenführer.
Die begrenzte Mannschaftsstärke machte es offensichtlich nötig, strenge „Auswahlvorschriften“ einzuführen. Nicht jeder konnte einfach Mitglied des Löschzuges Hervest-Dorf werden. So stimmte man über neu aufzunehmende Feuerwehrmänner jährlich ab. Voraussetzung war, verheiratet zu sein und ein eigenes Haus zu besitzen. Inwiefern Ausnahmen von diesen Regeln möglich waren, lässt sich nicht zweifelsfrei klären.
Über den Hintergrund solcher Regeln kann man trefflich spekulieren, naheliegend ist die Vermutung, dass verheiratete Männer, die ein eigenes Haus haben, im Einsatz nicht so leichtsinnig sind.

Auch aller Neuanfang ist schwer
Für die freiwilligen Feuerwehren waren die 1950er Jahre entbehrungsreiche Jahre des Neuanfangs. Gerade was Ausbildung und Ausrüstung betraf, stand auch der Löschzug Hervest-Dorf unter dem Einfluss der Nachwirkungen des verheerenden Krieges.
So diente als erstes Einsatzfahrzeug ein olivgrüner Opel – Blitz. Schon die Farbgebung deutete auf den ursprünglichen, feuerwehrfremden Verwendungszweck hin. Feuerwehrtechnische Beladung suchte man auf diesem Fahrzeug ebenfalls vergebens, denn es handelte sich um ein reines Mannschaftstransportfahrzeug. Um dennoch Ausrüstung und Gerätschaften transportieren zu können, versah man einen Anhänger mit der notwendigen Beladung.
Eine vom Krieg beschädigte Feuerspritze musste der Löschzug zunächst in Reparatur geben. Leider war dies eine Reparatur ohne Wiederkehr, da die reparierten Feuerspritzen nach Bedarf neu verteilt wurden. Die alte Feuerspritze des Löschzuges Hervest-Dorf erfüllte fortan im Löschzug Erle gute Dienste. Beide Löschzüge haben übrigens auch das gleiche Gründungsjahr.
Ein Beleg für den Mangel nach dem Kriege geht aus dem Schriftverkehr mit der Firma Meyer Hagen hervor, die mit der Reparatur der Dorstener Feuerspritzen beauftragt wurde. Um eine entsprechende Funktionsprüfung der Pumpen durchzuführen, mussten die Auftraggeber 10l Betriebsmittel – sprich Benzin – zur Verfügung stellen.

Um einen Überblick über die vorhandene persönliche Schutzausrüstung zu bekommen, beauftragte der zuständige britische Militärkommandant die Führung der freiwilligen Feuerwehr in Dorsten die entsprechenden Gegenstände genau zu erfassen. Daraus ging hervor, dass sich im Bestand des Löschzuges beispielsweise drei Uniformhosen, 15 Helme mit Nackenleder, zwölf Hakengurte und 12 Beile befanden.Nicht selten fehlten auch andere und mitunter lebenswichtige Ausrüstungsgegenstände, wie etwa Handlampen. Zu Übungszwecken wurden die fehlenden Handlampen kurzerhand durch Attrappen aus Holz ersetzt. Für den Einsatzfall war dies freilich keine Alternative.Diszipliniertes Auftreten galt – und gilt auch heute – in der Feuerwehr viel. Besonders achteten die Brandmeister bei Übungen auf den richtigen Sitz der persönlichen Schutzausrüstung. Zur damaligen Zeit musste die strenge Disziplin sicher auch den Mangel an entsprechendem Gerät wettmachen, denn lebensgefährlich konnte der Einsatz zu allen Zeiten sein.

Die 1960er und 1970er Jahre
Die entbehrungsreiche Nachkriegszeit mündete auch im Feuerwehrwesen sichtbar in die Zeit des Wirtschaftswunders und so konnte auch der Löschzug Hervest-Dorf bereits in der Festschrift aus dem Jahre 1962 voller Stolz von seinem modernisierten Fahrzeugpark berichten. Wörtlich heißt es darin: „Auch die Einsatzfähigkeit einer Löschgruppe wird von der technischen Aus-rüstung bestimmt. Dank ihrer weiteren Vervollkommnung im Verlauf der letzten Jahre, sind wir heute in der Lage, jeden Brand oder Notstand erfolgreich zu bekämpfen.“ 

Ein VW Löschfahrzeug (TSFT, ein Vorauslöschfahrzeug Mercedes Unimog (VLF) und ein Tanklöschfahrzeug Mercedes Unimog (TLF 8/8 Tr) mit einer gesamten Wasserförderleistung von 1800 l pro Minute begleiteten die Feuerwehrleute stets sicher und erfolgreich in die Einsätze. Darüber hinaus war der Löschzug im Besitz dreier Atemschutzgeräte und einer Motorseilwinde mit einer Zugkraft von bis zu 7,5t. Im Laufe des folgenden Jahrzehnts, der 1960er Jahre, warf die Weltpolitik ihre Schatten auch auf das kleine Dorf Hervest und seine Feuerwehr. Der Kalte Krieg steuerte auf seine ersten Höhepunkte zu, was dazu führte, dass der Zivil- und Katastrophenschutz stark ausgebaut wurde. Der Löschzug Hervest-Dorf war der sogenannten 62. Bereitschaft zugeordnet, die auch zur Hochwasserkatastrophe in Hamburg im Jahre 1962 ausrückte. Zum Glück für die Einsatzkräfte konnte man die Fahrt bereits vor Ankunft in Hamburg abbrechen und in die Heimat zurückkehren. Der Ausbau des Zivil- und Katastrophenschutzes bedeutete für den Löschzug Hervest-Dorf zweierlei: Zunächst wurde die Sollstärke von 27 auf 40 Mann erhöht, so dass im Jahr 1965 zunächst zehn Feuerwehrmannanwärter in den Löschzug aufgenommen wurden. Damit wurde der Löschzug auf einen Schlag enorm verjüngt, was nicht ohne Folgen bleiben konnte. Um langfristig ein ausgewogenes Verhältnis zwischen jungen und älteren Kameraden im Löschzug zu gewährleisten, einigte man sich in der Folge darauf, zukünftig maximal zwei neue Kameraden pro Jahr aufzunehmen. Außer durch die Erhöhung der Mannschaftsstärke bereitete man sich auch ganz praktisch auf den Katastrophenfall vor. So fanden eine Reihe großer Zivilschutzübungen (ZS-Übungen) statt. Auch die technische Ausstattung wurde im Laufe der 1970er Jahre immer besser. So konnten sich die Kameraden beispielsweise über ein neues Löschgruppenfahrzeug, ein sogenanntes LF 8, freuen. Dabei handelt es sich um ein Löschgruppenfahrzeug mit einer Vorbaupumpe, deren Leistung 800 Liter Wasser pro Minute betrug. Die Besatzung, bestehend aus 8 Feuerwehrleuten und einem Gruppenführer, war mit diesem Fahrzeug für die grundlegenden Aufgaben einer Feuerwehr hervorragend ausgestattet. Auch ein Jeep fand in diesem Jahrzehnt seinen Gebrauch im Löschzug. Weiterhin benutzte der Löschzug die beiden Mercedes Unimog, die bereits in der Festschrift zum 50- jährigen Bestehen erwähnt wurden. Im Jahre 1977 konnte die Dorstener Feuerwehr an die lokale Presse die freudige Nachricht ausgeben, dass in diesem Jahr erneut die Einsatzzahlen zurückgegangen sind und die Freiwillige Feuerwehr lediglich zu 200 Einsätzen ausrücken musste. Indirekt konnte der Löschzug Hervest-Dorf in diesem Jahr auch von einem neuen Fahrzeug profitieren, da der damalige Stadtbrandmeister und Dorfbürger Helmut Wiemeyer einen neuen Kommandowagen erhielt. Schließlich sorgte eine großangelegte Einsatzübung im Jahr 1979 für reichlich Aufsehen nicht nur in den Dorstener Löschzügen. Ausgangspunkt war ein angenommener Waldbrand in Lembeck, zu dem zunächst die Löschzüge der Freiwilligen Feuerwehr Dorsten gerufen wurden. Im Verlauf der Übung wurden jedoch sämtliche zehn freiwilligen Feuerwehren des Kreises Recklinghausen sowie Polizeieinheiten mit Wasserwerfern alarmiert. Doch auch außerhalb des eigentlichen Dienstes am Nächsten trafen sich die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Hervest-Dorf. So zum Beispiel bei einem Ausflug nach Berlin. Aktive und Ehrenmitglieder waren eingeladen, mit ihren Frauen eine gemeinsame Reise nach Berlin zu unternehmen. Anders als heutzutage konnte man den Weg zum Flughafen Hannover ohne Staus zurücklegen, dies beweist beispielsweise eine Videoaufnahme, die eine beeindruckend freie Autobahn und eine gut gelaunte Reisegesellschaft zeigt. Für viele Mitreisende war der anschließende Flug über die ehemalige DDR nach Westberlin ein absoluter Höhepunkt. Ebenso erwähnenswert ist natürlich die legendäre Fahrt nach Hamburg. Wobei die Anreise nicht ohne Hindernisse verlief, da sich eine Ladeklappe am Gepäckteil des Busses löste. Glücklicherweise konnten die technisch begabten Fahrgäste des Löschzuges den Schaden auf einem Rastplatz selber reparieren, so dass der als Fahrer angeheuerte Karl-Heinz Spickermann den Bus sicher nach Hamburg und wieder zurück steuern konnte.

Die 1980er Jahre
Zu Beginn des neuen Jahrzehnts durfte sich der Löschzug Hervest-Dorf über die erste nennenswerte Erweiterung und Modernisierung seines Gerätehauses freuen. Bisher fanden die Übungsabende auf engstem Raum in einem abgetrennten Teil der Fahrzeughalle statt. Am 11.07.1981 wurde dann schließlich der neue Schulungsraum eingeweiht, der bis heute seinen Zweck erfüllt. Der ursprünglich mit einem Flachdach konzipierte Anbau (rechts neben der Fahrzeughalle) wurde anlässlich des 90-jährigen Jubiläums im Jahre 2002 renoviert und bekam ein ordentliches Trapezblechdach. Dem sachlichen Weiß des Verblendmauerwerks wurde später auch die Fassade des Neubaus der Fahrzeughalle und der neuen Umkleide angepasst.

Auch der Fahrzeugpark des Löschzuges wurde im Laufe der 1980er Jahre modernisiert. So konnten sich die Einsatzkräfte im Jahre 1982 zunächst über ein neues LF 16 TS freuen. Ein Fahrzeug, das mit Hilfe von Geldmitteln des Katastrophenschutzes beschafft wurde und deshalb im Katastrophenfall und für Katastrophenschutzübungen samt Besatzung zur Verfügung gestellt werden musste. Die Fahrzeuge des Katastrophenschutzes zeichneten sich insbesondere durch ihre Größe und ihre umfangreiche Beladung aus. Auch das LF 16 TS unseres Löschzuges leistete in den folgenden Jahren gute Dienste und bewies sich als vielseitig einsetzbares Fahrzeug.
1988 wurde der Fahrzeugpark des Löschzuges abermals verändert und es wurde ein sogenanntes TLF 8/18 beschafft. Hierbei handelt es sich um einen feuerwehrtechnisch beladenen und mit einem 1800 Liter Wasser fassenden Tank versehenen Mercedes UNIMOG. Ein Fahrzeug, das technikbegeisterte Herzen höher schlagen lässt, insbesondere aufgrund seiner hervorragenden Geländegängigkeit. Das ganze Gegenteil war dagegen der „Opel-Blitz“, der zwei Jahre zuvor seinen 30. Geburtstag feierte und bereits im Jahre 1982 im Gerätehaus an der Dorfstraße stationiert wurde. Ein Fahrzeug, dass bei einer Reparatur nicht nur einen KFZ-Mechaniker benötigte, sondern aufgrund der hölzernen Innenraumverkleidung auch einen Tischler. Allerdings war die langjährige Dienstzeit dieses Fahrzeugs Ende der 1980er Jahre vorüber, so dass fortan der Fahrzeugpark aus einem LF 16 TS, einem LF 16 und dem modernen TLF 8 / 18 bestand. Im Jahr 1987 feierte der Löschzug Hervest-Dorf sein 75-jähriges Bestehen mit einem großen Fest in der Scheune des Hofes von Leo Richter. Anlässlich dieses Jubiläums wurde dem Löschzug das LF 16 der aufgelösten Werksfeuerwehr der Firma Ruhrgas überlassen. Dieses Fahrzeug ist mittlerweile besser bekannt unter der Bezeichnung „Unsere Oma“. Der Respekt vor einem solch prächtigen Oldtimerfahrzeug gebietet es, dass später noch genauer darauf eingegangen wird.

Die 1990er Jahre
Im Laufe der Jahrzehnte hat sich das Aufgabenspektrum der Feuerwehren gewandelt und differenziert. Für eine Freiwillige Feuerwehr wie die der Stadt Dorsten im Allgemeinen und den Löschzug Hervest-Dorf im Besonderen standen die typischen Brandeinsätze wie Scheunenbrände und ähnliches ganz oben in der Einsatzstatistik. Zu Beginn der 1990er Jahre war man auch in Dorsten gezwungen, den veränderten Anforderungen an eine Feuerwehr Rechnung zu tragen und gründete die sogenannte Einsatzgruppe Chemie- und Strahlenschutz (ECS), bei der schon damals Kameraden aus dem Löschzug Hervest-Dorf Mitglied wurden. Diese Spezialtruppe ist bis heute löschzugübergreifend organisiert und trainiert regelmäßig den Umgang mit gefährlichen Stoffen und Gütern. Dazu verfügt diese Einheit auch über eine besondere Ausrüstung.
Bei der Gründung dieser Gruppe waren aus dem Löschzug Hervest-Dorf die Kameraden Markus Günther und Norbert Künsken dabei. Heute sind die Kameraden Stefan Bergmann, Benjamin Mester und Christian Zimmer Mitglieder dieser besonderen Einheit.
Zu Beginn der 1990er Jahre ging auch der Löschzug Hervest-Dorf neue Wege bei der Nachwuchsförderung. Als erster Jugendfeuerwehrmann aus Dorf Hervest durfte Thomas Künsken im Jahre 1994 seinen Dienst antreten. Vier Jahre später trat er in den aktiven Dienst des Löschzuges über. In den folgenden Jahren sollte die Jugendfeuerwehr auch für den Löschzug Hervest-Dorf zur immer bedeutender werdenden Nachwuchsförderung werden.
Auch in Sachen „Ausflüge“ machten einige Kameraden vollkommen neue Erfahrungen im Rahmen der Segeltouren auf dem Ijsselmeer, denen ein eigener Artikel mit reichlich Bildmaterial gewidmet ist.

Die 2000er – Das neue Jahrtausend
Vieles hat sich seit der Gründung des Löschzuges vor 100 Jahren verändert, doch die Aufgaben der Freiwilligen Feuerwehr werden nach wie vor mit dem Motto „retten – löschen – bergen – schützen“ treffend beschrieben. Gerade der letzte Aufgabenbereich des vorbeugenden „Schützens“ rückt im neuen Jahrtausend wieder verstärkt in den Blick der Feuerwehr. Sicher gab es bereits in anderen Jahrzehnten den vorbeugenden Brandschutz, die Begleitung von öffentlichen Veranstaltungen durch sogenannte Brandsicherheitswachen, doch das neue Jahrtausend begann bereits mit einem Großereignis der Gefahrenabwehr. Da der Übergang vom Jahr 1999 ins neue Jahrtausend nicht nur bei Computerexperten und Weltuntergangstheoretikern reflexartig Bilder von Katastrophenszenarien hervorrief, mussten auch die Löschzüge der Freiwilligen Feuerwehr in Dorsten entsprechende Vorkehrungen treffen. Zur Sicherstellung der öffentlichen Ordnung bei Stromausfällen und sonstigen technischen Problemen, die durch den Wechsel der 90er Jahre auf die „Nuller-Jahre“ befürchtet wurden, stellte auch der Löschzug Hervest–Dorf am Silvesterabend 1999 eine schlagkräftige Einsatzbereitschaft, die bei Gesellschaftsspielen, Essen und alkoholfreien Getränken gesund ins neue Jahrtausend rutschte.